Diagnostik bei refluxassoziierten Erkrankungen der Lunge
Patienten mit refluxassoziierten Erkrankungen der Atemwege fallen in der Regel nicht durch die typischen Refluxsymptome auf. Die Symptome der Atemwegserkrankung (Laryngitis, chron. Bronchitis, Asthma, Pneumonien, Bronchiektasie, Emphysem, Fibrose und Otitis) werden ohne weitere klinischen Hinweise auf die Refluxgenese präsentiert. Man muss davon ausgehen, dass bei den meisten Betroffenen nur eine Schwachform einer »Refluxkrankheit« vorliegt und die Gesamtaktivität des gastrointestinalen Systems als grenznormal angesehen werden muss.
In Einzelfällen kann wahrscheinlich sogar die normale Refluxaktivität bereits Ursache für eine schwere chronische Lungenerkrankung werden.
Dieser Umstand bedingt eine spezifische diagnostische Strategie und erklärt, warum die üblicherweise bei Refluxkrankheit eingesetzten diagnostischen Instrumente zu keinen validen Ergebnissen führen können.
Strategie der Diagnostik refluxassoziierter Erkrankungen von möglicherweise die Symptome des Kindes erklärender Erkrankungen (z.B. Allergien, Immundefekte
und genetische Erkrankungen wie CF und primäre ciliäre Dyskinesie) und gleichzeitig der Einsatz mehrerer eine Minimalpathologie des gastrointestinalen und pulmonalen Systems erfassender Werkzeuge. Dazu gehört neben der 2-Punkt-pH-Metrie, die Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage, die Ösophagogastroskopie mit Biopsien des Ösophagus und die Messung des exhalierten NO, sowie als radiologische Verfahren gelegentlich die obere Magen-Darm-Passage.
Diese Untersuchung dient in erster Linie zum Ausschluss struktureller Anomalien wie z.B. Fehlpositionen der großen herznahen Gefäße, ösophagealen Stenosen oder dem Nachweis einer Gleithernie. und der Beurteilung von ösophagealen
Motilitätsstörungen. Der Wert der Untersuchung in Bezug auf eine pathologische
Refluxaktivität ist begrenzt. Die Ultraschalluntersuchung lässt neben der Darstellung einer Gleithernie eine Beobachtung der Refluxaktivität über größere Zeiträume zu. Eine pathologische Refluxaktivität kann erkannt werden. Eine
Aussage über die Bedeutung für die Lunge ist jedoch nicht möglich.
pH-Metrie
Die über 24 Stunden durchgeführte 2-PunktpH-Metrie erfasst die Refluxaktivität während eines ganzen Tages. Durch Verwendung von 2 Messpunkten, wobei der eine in Magennähe, der zweite etwas auf Larynxhöhe positioniert ist, lässt eine Abschätzung der potentiellen pulmonalen Relevanz einer pathologischenRefluxaktivität zu. Pathologische Werte des oberen Messpunktes bedingen eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Zusammenhang von Refluxaktivität und chronischer Lungenerkrankung
Bronchoskopie
Die Bronchoskopie ist nicht nur geeignet, eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen der chronischen Aspiration auszuschließen (Fehlbildungen, Fistel, Tracheomalazie etc.). Das typische Bild einer chronischen bzw. chronisch eitrigen Bronchitis mit häufig seitendifferenter Ausprägung weist auf eine refluxassoziierte Erkrankung
hin.
Bronchoalveoläre Lavage
Der Nachweis einer hohen Anzahl fettspeichernder Makrophagen (mehr als 5%) muss als Hinweis auf eine chronische Aspirationsproblematik gewertet werden. In der Regel wird eine deutliche Vermehrung von neutrophilen Granulocyten beobachtet. Häufig finden sich die „klassischen“ pneumotropen Bakterien wie
Hämophilus, Pneumokokken und Moraxella.
Ösophago-Gastroskopie
Entsprechend dem klinischen Bild fehlender gastrointestinaler Symptome findet man bei der Gastroskopie in der Regel nur mild entzündliche Veränderungen. Histopathologisch lässt sich eine Ösophagitis Grad I-II nachweisen.
Ösophageale Biopsien tragen daher bei den Patienten einerseits zur Diagnose bei – lassen aber auch differentialdiagnostisch wichtige Ausschlussdiagnosen zu (z.B. Eosinophile Ösophagitis). Ergänzend ist eine funktionelle Endoskopie sinnvoll, die eine Aussage zur Funktion bzw. Fehlfunktion auch des oberen ösophagealen
Sphinkters zulässt und Informationen über die Cardiafunktion und einen »Gasreflux« liefert.
CT des Thorax
Mithilfe der CT des Thorax lassen sich sehr exakt Schädigungsmuster der Lungen erfassen und insbesondere schwere Schäden wie eine bereits vorliegende Bronchiektasie, ein Emphysem oder eine Fibrose erkennen.
FENO-Messung
Das bronchial exhalierte NO ist bei chronischer Bronchitis eher erniedrigt (unter 5 ppb) bei allergischer Entzündung in der Regel auf Werte über 25 ppb erhöht.
Fazit:
Auch wenn keine der aufgeführten Untersuchungen den Reflux als Ursache der chronischen Lungenerkrankung beweist, kann durch eine konsequente Diagnostik, Differentialdiagnostik und Ausschlussdiagnostik die Diagnose einer refluxassoziierten Erkrankung gestellt werden. Wird auf der Basis dieser Daten die
Entscheidung zu einer operativen Intervention getroffen, kommt es bei 93% der operierten Kinder zu einer völligen Symptomfreiheit. Die konservative Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren (z.B. Omeprazol) bei refluxassoziierten
Erkrankungen der Atemwege führt in der Regel nicht zu einem dauerhaften Erfolg.